Mobilität der Zukunft: Wieso wir unsere Infrastruktur endlich voll und ganz auf Elektroantriebe ausrichten sollten

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Für die Mobilität in Deutschland und Europa gibt es künftig nur eine vernünftige Marschroute: Vollgas mit E-Mobility. Obwohl sich Branchenexpert:innen darüber schon seit langem einig sind, passiert beim Ausbau der nötigen Infrastruktur noch zu wenig. Dabei müssten wir längst anpacken und uns nicht mehr mit bürokratischen Fragen rund um Ladepunkte und Batterierecycling aufhalten. Lassen Sie uns auch hier endlich den E-Turbo einlegen.

Hersteller und Zulieferer stellen sich schon seit Jahren auf den Umstieg ein. Auch die Politik weist den Weg zur E-Mobility: In ihrem Klima-Plan „Fit for 55“ forderte beispielsweise die EU-Kommission kürzlich für 2035, die jährlichen CO2-Emissionen neuer Fahrzeuge auf null zu reduzieren. Im Klartext wären Verbrenner, sollte ein entsprechender Beschluss auch in Deutschland folgen, spätestens bis zu diesem Zeitpunkt raus; es könnten dann nur noch reine Elektroautos oder Fahrzeuge, die mit Wasserstoff, Biokraftstoff oder E-Fuels betankt werden, neu zugelassen werden. Wenn Sie mich fragen, ist das nur konsequent. Denn dem E-Antrieb gehört die Zukunft: Die Technik ist bereits in Millionen Autos weltweit verbaut und fährt zu Hunderttausenden auf unseren Straßen. Was lässt Menschen also noch an der Zukunftstechnologie zweifeln?

Streitfaktor Batterien: Wie langlebig sind die Akkus?

Skeptiker:innen von E-Antrieben stellen häufig folgende Frage: Was machen wir mit den Akkus, wenn ihre Leistung nachlässt? Sind sie womöglich bereits nach zwei oder drei Jahren reif für den Schrott – ähnlich wie bei Smartphones? Und sie haben recht, Batterien und deren Entsorgung müssen bei der E-Infrastruktur mitgedacht werden. Aktuell gibt es kaum Langzeitstudien zu diesem Thema, da es weltweit einfach noch nicht so viele alte E-Autos wie Verbrenner gibt. Wichtig ist aber, dass ein Smartphone-Akku nicht 1:1 mit der Batterie eines Elektrofahrzeugs verglichen werden kann.

Im WiWo Podcast High Voltage spricht Redakteur Martin Seiwert diesbezüglich ein paar spannende Zahlen an: Marktführer Tesla verkauft bekanntermaßen schon seit über zehn Jahren E-Autos und hatte bereits im Jahr 2013 die Leistungsfähigkeit seiner Akkus untersucht. Die Bilanz: Nach etwa 160.000 bis 200.000 Kilometern hatten die Akkus immer noch rund 80 Prozent Kapazität. Für mich kann sich das absolut sehen lassen. Und hier sprechen wir von 2013, die Forschung und Entwicklung bei Tesla ist mittlerweile schon um einiges weiter. Aktuelle Zahlen deuten darauf hin, dass die verbauten Zellen bis zu 3.000 Ladezyklen ohne große Verluste aushalten und damit in Fahrzeugen zumindest theoretisch über 500.000 Kilometer problemlos mitmachen. Wenn Sie mich fragen, geben eher andere Fahrzeugteile den Geist auf, bevor die Akkus nicht mehr mitmachen.

Aber wohin damit, wenn ihnen doch der Saft ausgeht?

Bleibt die Frage: Wohin mit den Akkus, wenn sie nach zehn oder 15 Jahren eben doch nicht mehr für den Betrieb auf der Straße taugen? Sie müssen dann längst nicht auf den Schrotthaufen, sondern können zu großen Teilen recycelt werden. Zusätzlich können sie noch etwa zehn bis zwölf Jahre als stationäre Stromspeicher genutzt werden. Interessant ist das vor allem im Zusammenhang mit Solar- oder Windenergie. Denn um die erneuerbaren Energien besser nutzbar zu machen, sind Stromspeicher essenziell. Wen dieses Thema interessiert, der kann gerne nochmal einen Blick auf meinen Artikel zum Thema Digitalisierung und Energiewende werfen.

Wie das im Alltag aussehen kann, zeigte sich wie (fast) immer zuerst in Skandinavien: So nutzte etwa Volvo die Batterien aus E-Bussen für sogenannte Second-Life-Projekte in Wohnanlagen. Hier dienen sie bis heute als Energiespeicher für Solarpanels und versorgen Waschräume und Außenbeleuchtung mit Strom. Auch hierzulande gibt es Second-Life-Projekte, etwa bei BMW. Es gibt beispielsweise einen Großspeicher aus alten Akkus des i3 auf dem Werksgelände in Leipzig und auch einen im Hamburger Hafen. Dort dient die Kapazität von gut zwei Megawatt dazu, Schwankungen bzw. Bedarfsspitzen im Stromnetz von Hamburg auszugleichen. Mit diesen Zweitverwertungen wird die Klimabilanz der E-Mobility im Übrigen zusätzlich verbessert. Ein Grund mehr also, die passende Infrastruktur für E-Antriebe zur Priorität zu machen. Doch wo stehen wir dabei aktuell?

Status Quo: So fördert der Bund das Ladenetz bisher

Seit November 2020 werden endlich private Ladestationen für Elektroautos an Wohngebäuden gefördert. Das wurde auch Zeit, denn laut dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) selbst wurden bis Juli 2021 schon rund 620.000 private Ladepunkte beantragt. Schön und gut – wenn sich Menschen zuhause einen Ladepunkt schaffen, ist das der erste Schritt. Mindestens ebenso wichtig ist doch aber, dass die Nutzer:innen auch unterwegs unkompliziert laden können – damit sie nicht plötzlich mit leerer Batterie am Straßenrand stranden. Auch dafür gibt es Fördertöpfe: Zwischen 2017 und 2020 steckte der Bund etwa 300 Millionen Euro in den Aufbau von über 30.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkten, etwa auf Kundenparkplätzen und an Tankstellen. Davon sind allerdings erst rund 12.000 Ladepunkte in Betrieb. Anfang dieses Jahres stellte die Regierung daher weitere 300 Millionen Euro für die Förderung öffentlich zugänglicher Lademöglichkeiten in Aussicht. Hoffen wir, dass diese etwas schneller an den Strom gehen als ihre Fördervorgänger. Denn ich bin ganz offen, mir dauert das alles zu lange.

Wie kommen wir zu einer zukunftsfähigen Infrastruktur?

Ich denke, wir brauchen dringend mehr Tempo beim Ausbau des Ladenetzes: Immerhin ist neben der Reichweite von E-Autos die unzureichende Ladeinfrastruktur das größte Hindernis für Verbraucher:innen, in einen E-Antrieb zu investieren. Eine Studie im Auftrag des BMVI zeigt ebenfalls: Bis 2030 bräuchten wir mindestens 440.000 neue, öffentlich zugängliche Ladepunkte in Deutschland. Doch woran liegt es, dass wir hier nicht schneller vorankommen. Ich vermute, zu einem Großteil sind wie immer die hochkomplizierten und überbürokratisierten Genehmigungsverfahren schuld. Sie behindern den Strukturwandel auf allen Ebenen – so auch beim Thema Mobilität der Zukunft. Eine digitalisierte Verwaltung könnte sicher die dringend notwendige Beschleunigung beim Thema voranbringen, denn sie würde private und geschäftliche Antragsteller:innen sowie Behörden gleichermaßen entlasten. Zudem bin ich davon überzeugt, dass es neben den großzügigen Fördertöpfen noch mehr zentrale Planung und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Interessenvertreter:innen braucht. Um nicht zu sagen, es braucht eine zentrale E-Infrastrukturstrategie, die bestehende Synergien noch besser nutzt. Denn wenn ein Privatunternehmen Ladesäulen baut, um seine E-Fahrzeuge zu „betanken“, und diese gegen faire Nutzungsgebühren auch der Gemeinde und damit Privatpersonen zur Verfügung stellt, wäre doch viel mehr Menschen geholfen, als wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Ich kann nur hoffen, dass so eine Strategie aktuell bereits auf der Agenda der Bundesregierung in spe steht.

Mein persönliches Best-Case-Szenario: Ein dichtes Netz aus Schnellladestationen mit maximal 20 bis 30 Kilometern Abstand zueinander. Eben so engmaschig, dass niemand bei schwindendem Batteriestand ins Schwitzen gerät – egal ob er oder sie im Münchner Stadtkern oder an der Nordseeküste unterwegs ist. Bis dahin ist es zwar sicher noch ein weiter Weg, aber wenn wir genau jetzt anpacken, sollte das bis zum endgültigen Aus der Verbrenner zu schaffen sein. In diesem Sinne: Lassen Sie uns Gas geben.